Inhalt des Dokuments
Laufende Projekte
Lisa Bor
»Klick und weg« - Digitalisierte
Auslagerung von Versorgungsarbeit und Geschlechterverhältnisse
(Arbeitstitel)
Folke Brodersen
Sexualität kontrollieren.
Präventive Praxis und pädophiles Selbst. (Arbeitstitel)
Sophia Ermert
Öffentlichkeit aus
feministischer Perspektive (Arbeitstitel)
Martin Heger
Society Reloaded.
Klassifikationen und Ab/Ausgrenzungen als
gesellschaftskonstituierende Strategie? (Arbeitstitel)
Maria Magdalena Mayer
Mitleid, Mitgefühl,
Solidarität – nationale Grenzenzen?
Diskursanalytische
Untersuchungen der ›Politiken der Gefühle‹ und der Konstruktion
nationaler Identität im Diskurs um Flucht und Migration nach Europa
aus affekt- und geschlechterwissenschaftlicher Perspektive
(Arbeitstitel)
Inga Nüthen
Queer_feministische Begriffe des
Politischen (Arbeitstitel)
Myriam Raboldt
»...gesellschaftlich ist man
nach so einer OP eben ‘niemand’ mehr.« Zur Fragilität
cis-männlicher Geschlechtskörper (Arbeitstitel)
Sebastian Scheele
Genealogie der
Verbündeten. Zur transatlantischen Reise des Privilegien-Diskurses in
Feminismus und Antirassismus
Francis Seeck
Care trans*formieren – Eine
Ethnographie kollektiver Für_Sorge Praktiken jenseits von Cis- und
Heteronormativität
Svenja Spyra
('Queere') 'Femme'. Eine
qualitative Studie zu subkulturell-politischen Räumen in Deutschland
(Arbeitstitel)
Juliette Wedl
Gender Studies meets
Diskursforschung (Arbeitstitel)
Lisa Bor
»Klick und weg« - Digitalisierte Auslagerung von Versorgungsarbeit und Geschlechterverhältnisse
Der private Haushalt war und ist vielfältig als Arbeitsplatz umstritten. Auch derzeit zeigen sich Umstrukturierungen. Im Zuge neoliberaler Neuorganisierung von Arbeit wird auch der private Haushalt zu einem jener Arbeitsmärkte, die mit digitaler Technologie organisiert werden. Dabei werden Menschen nicht durch Maschinen ersetzt – bestimmte Tätigkeiten wie Reparaturen, Renovieren und auch sogenannte »haushaltsnaher Dienstleistungen« (Einkaufen, Kochen, Putzen) und Pflege erfordern noch immer zwingend die Anwesenheit und körperlichen Einsatz einer Arbeiter*in. Start-Ups entwickelten in den letzten 5 Jahren technologischen Lösungen, die diverse Haushaltsunterstützende Tätigkeiten zum Einkauf bereitstellen und adressieren damit Haushalte mit hohem Einkommen - Einverdienerhaushalte und solche mit zwei Einkommen und bis zu einem Kind stellen den größten Marktanteil. Gleichzeitig sind es anteilig vor allem Geringqualifizierte, Migrant*innen und Frauen, die als Arbeiter*innen in diesen Sektoren angesprochen sind.
Mit dem Ausbau von Plattformen, die vor allem im Bereich Handwerk Soloselbstständigkeit im Niedriglohnsektor vorantrieben (Lorig, 2015) entstanden solche Onlineportale, die Haushaltshilfen und Putzkräfte vermitteln. Dieser Arbeitsmarkt interessiert mich. Denn Digitalisierung, das heißt digitale, kontrollierbare, messbare , vergleichende Organisation der Arbeit ist im neoliberalen Kapitalismus in vielen Bereichen mit schlechteren Konditionen und Entgrenzung zwischen Arbeit und Nichtarbeitszeit verbunden - Wie betrifft das den vielfach informellen Sektor der Versorgungsarbeit im Privathaushalt? Ich möchte die instrumentelle Funktionsweise verschiedener Onlineplattformen sowie die Beziehung zwischen Dienstleistenden und Kundschaft untersuchen. Mich interessiert die Technologie als Zusammenspiel von Arbeiter*in – Kundschaft – Technik. Vor allem interessieren mich die Ausgestaltung der Arbeitsverhältnisse, die Motivation der Kundschaft, die Strategien und die Widerständigkeit der Arbeiter*innen.
Folke Brodersen
Sexualität kontrollieren. Präventive Praxis und pädophiles Selbst. (Arbeitstitel)
Das Promotionsprojekt untersucht den Konnex sexueller Kontrolle in Bezug auf sexuellen Kindesmissbrauch und Pädophilie. Innerhalb der Therapeutik von institutionellen psychotherapeutischen und Angeboten der Selbsthilfe stellt diese Kontrolle die präventive Antwort auf das gesellschaftliche Problem der Pädophilie und die damit assoziierte Gefahr sexuellen Kindesmissbrauchs dar. Qualitativ neuartig ist dabei die Adressierung freiwilliger Teilnehmender, die Untersuchung sexueller Fantasien und die damit verbundene Zukunftsvision einer Inklusion in Gesellschaft. Die makropolitische Bewegung der stärkenden Immunisierung' ist dabei, so die These des Projektes, verbunden mit Techniken sexueller Kontrolle der Teilnehmenden, d.h. mit mit angeleiteten wie eigenlogischen, subjektivierenden Praxen, spezifischen Techniken und Selbstverhältnissen. Das Promotionsprojekt fragt nach der Funktionsweise und Bedeutung dieser sexuellen Kontrolle und betrachtet dafür das Zusammenspiel dreier Ebenen: der Organisation in Behandlungsmanualen und Selbsthilfeprogrammen, der alltäglichen praktischen Umgangsstrategien und Positionierungen der Teilnehmenden und der gesellschaftspolitischen Einordnung der Programme. Es untersucht damit eine zunehmend relevante Institution, perspektiviert als Fallbeispiel das Konzept sexueller Kontrolle als Modus der Selbstbeherrschung und entwickelt die queertheoretische Gesellschaftsanalyse des Verhältnisses von Norm und Abweichung weiter.
Sophia Ermert
Öffentlichkeit aus
feministischer Perspektive (Arbeitstitel)
»Öffentlichkeit« gilt als der Ort politischer Aushandlung.
Aus feministischer Perspektive verbinden sich mit dieser gängigen
Vorstellung von »Öffentlichkeit« jedoch viele kritische Fragen.
Denn Machtverhältnisse erschweren oder verhindern gar den Eintritt in
jenen politischen Kommunikationsraum. Es ist demnach notwendig nach
einem Verständnis von »Öffentlichkeit« zu fragen, das Dynamiken
des Aus- und Einschlusses feministischer und widerständiger
Kommunikation erfasst. Es gilt, das Verhältnis zwischen hegemonialer
und widerständiger Öffentlichkeit zu diskutieren und sich auf die
Suche zu machen nach den Bedingungen, die sozialen Wandel über
»Öffentlichkeit« ermöglichen.
Martin Heger
Society Reloaded. Klassifikation und
Ab/Ausgrenzung als gesellschaftskonstituierende Strategie?
(Arbeitstitel)
In den vergangenen Jahren
haben sich die industriell entwickelten Länder in vielen Bereichen
verändert. Viele dieser Gesellschaften beschreiten heute „neue“
Wege was die Artikulation und Durchsetzung politischer und sozialer
Ziele betrifft. Aber nicht nur die entscheidenden Akteure stehen vor
diesen Herausforderungen, auch die BürgerInnen müssen sich mit
verschärften Bedingungen [hohe Arbeitslosigkeit, zunehmendes
Armutsrisiko, Ressourcenknappheit etc.] arrangieren. Hier setzt mein
Dissertationsprojekt an. Im Hinblick auf die symbolische Dimension
sozialer Ungleichheit wird mit einer diskursanalytischen
Herangehensweise die mediale Präsenz von
Arbeitslosengeld-II-EmpfängerInnen [als eine Kategorie von
Überflüssigen] untersucht. Anhand der Analyse des empirischen
Materials [Zeitungsartikel] soll die Konstruiertheit von
überflüssigen Identitäten rekonstruiert werden. Welche Begriffe,
welche Bilder, welche Deutungsrepertoires werden verwendet, die in
ihrer Gesamtheit den performativen Charakter dieses
„Überflüssig-Gemacht-Werdens“ ausmachen? Ein Ziel der
Untersuchung ist es, „regulatorische Regime“ zu isolieren, welche
die hegemonialen Handlungs- und Definitionsstrategien formen, und
somit bestehende Selbstverständlichkeiten in Frage zu stellen, auf
die das Selbstverständnis der westlichen Zivilisation beruht.
Maria Magdalena Mayer
Diskursanalytische Untersuchungen der 'Politiken der Gefühle' und der Konstruktion nationaler Identität im Diskurs um Flucht und Migration nach Europa aus affekt- und geschlechterwissenschaftlicher Perspektive (Arbeitstitel)
Die ›Fluchtlingskrise‹ dominiert 2015 und 2016 sowohl Medien wie Politik. Mitleid, Mitgefühl, Empathie – diese Begriffe scheinen dabei medial eine neue Konjunktur zu erleben, konnen aber einerseits zu einem in Frage stellen nationaler Grenzen und Identitäten führen, und andererseits zu Argumenten für starke, durchsetzungsfähige Nationalstaaten sowohl abgewehrt wie angerufen werden.
Die Dissertation setzt sich deswegen kritisch mit der Bedeutung von Mitgefühl und Empathie und deren Verwobenheit im politischen Diskurs unter affekt- und emotionstheoretischen Aspekten auseinander. Die in der feministischen Politikwissenschaft verortete Arbeit verwendet dafür ein intersektionales Framework, das sich sowohl mit kritischer Migrationsforschung, Politiken des belongings und citizenship sowie Erkenntnissen zu nationaler Identität auseinandersetzt. Leitend für die Arbeit ist dabei die Frage, welche diskursiven Zusammenhänge zwischen ›Mitgefül‹, ›Mitleid‹ und ›Solidarität‹ im Diskurs um Migration 2015 und 2016 produziert werden und welche Bedeutung diese Diskurse für die Konstruktion der nationalen Identität Deutschlands und Österreichs innerhalb struktureller Rassismen und hierarchischer Geschlechter- und Klassenverhältnissen haben.
In einer Diskursanalyse von Tageszeitungen und Parlamentsdebatten in Deutschland und Österreich 2015 und 2016, die sich mit Themen der Migration auseinandersetzen, beschäftigt sich die Arbeit auch mit Fragen rund um politische Akteur_innen und deren Agency und schließt damit an wichtige geschlechtertheoretische und anti-rassistische Forschungsfelder an.
Inga Nüthen
Queer_feministische Begriffe des Politischen (Arbeitstitel)
Die Frage danach, wovon die Rede ist, wenn wir über Politik sprechen, ist eine der grundlegenden Fragen politikwissenschaftlichen Denkens. Der Politikbegriff war theoriegeschichtlich stets umstritten, während die politik-theoretische Debatte in ihrem Kern gleichzeitig androzentrisch verengt geblieben ist. In queer_feministischen Theorien finden sich eine Vielzahl von Konzepten, die gängige Perspektiven auf Politik kritisch reflektieren und Vorschläge für eine Erweiterung oder Transformation des Begriffs machen. Dieses komplexe Begriffsfeld rekonstruiere ich in meinem Dissertationsprojekt anhand zentraler Diskussionsstränge, wie etwa Macht, Kontingenz, öffentlich-privat, Dissens und Solidarität. Ziel meiner Zusammenstellung ist es, ein mehrdimensionales, queer_feministisches Politikverständnis für eine politik-theoretische Rezeption zugänglich zu machen.
Myriam Raboldt
»...gesellschaftlich ist man nach so einer OP eben ‘niemand’ mehr.«
Zur Fragilität cis-männlicher Geschlechtskörper
Ausgehend von meiner technikhistorischen und gendertheoretischen Masterarbeit zur Rekonstruktion von Männlichkeit|en durch Prothesentechnik im Ersten Weltkrieg habe ich mich in meinem Dissertationsprojekt zunächst damit beschäftigt, wie mit medizintechnologischen Möglichkeiten wie Implantaten, Hormontherapien oder plastischer Chirurgie Geschlechtskörper im Sinne eines Doing Sex (re-)konstruiert werden. Dabei lag mein Fokus auf dem cis-männlichen Geschlechtskörper, der als »quasi geschlechtsloser Normkörper« (Wöllmann) lange nicht in den Blick von Wissenschaft und Medikalisierung geraten ist. Eine meine forschungsleitenden Ausgangsfragen lautete: Welche Vorstellungen von (hegemonialer) Männlichkeit stecken in den von der Medizin angestrebten Zielen therapeutischer Maßnahmen und folglich in der Entwicklung medizintechnologischer Produkte wie beispielsweise Hoden- und Schwellkörperimplantate?
Nach ersten Suchbewegungen und der Einsicht, dass es sich um ein wenig behandeltes Tabuthema zu handeln scheint, vorschob ich meinen Fokus vom “Wie?” der (Re-)Konstruktionen durch Medizintechnik hin zu den Erfahrungen der Betroffenen: Wie erleben cis-Männer den materiellen und/oder funktionalen Verlust ihrer Genitalien? Was sind ihre coping-Strategien? Wie werden dadurch ihr Selbstbild und ihr (Sexual-)leben beeinflusst?
Die Akquirierung von Interviewpartnern war nicht einfach: Es existiert keine sichtbare Infrastruktur an Selbsthilfegruppen o.ä., über die ich mein Feld hätte direkt erreichen können. Desweiteren sind Betroffene oftmals nicht bereit, über das Thema zu sprechen. Die Interviews, die ich schließlich führen konnte, haben teilweise anonym stattgefunden. Die bei der Fokusverschiebung verlorengegangene (Medizin)-Technik kommt schließlich über andere Wege auf die Forschungsbühne zurück: das Internet als (oftmals einzige) Informationsquelle und Austauschplattform für Betroffene, als Feldzugang für mich über einschlägige Foren, als Interview-Medium in Form von anonymen Chats, als Versandhandel für Sex Toys und Packer, die wiederum als kompensierende Prothese dienen.
Die Beobachtung, dass sich der Feldeinstieg als schwierig erweist, kein gesellschaftlicher Diskurs vorhanden und somit auch kaum ein normalisiertes Sprechen über dieses Thema möglich ist, stellt eine Herausforderung für mein Dissertationsprojekt dar. Mein Forschungsprozess ist gekennzeichnet von Umwegen, Sackgassen, Irritation, Gelächter, Verlegenheit und – vor allem – Schweigen. Neben einem kreativen Umgang mit Methoden beginnt neben der Auswertung des empirischen Materials eine reflexive Metaebene eine immer größere Rolle zu spielen: Warum ist es so schwierig, über die »kaputte Norm«, über »den cis-Mann ohne Penis/Potenz« zu forschen, schreiben und zu sprechen?
Sebastian Scheele
Genealogie der Verbündeten.
Zur
transatlantischen Reise des Privilegien-Diskurses in Feminismus und
Antirassismus
In Feminismus und Antirassismus
werden Machtverhältnisse in den letzten Jahren zunehmend mithilfe der
Begriffe von Privilegien und Privilegierten thematisiert. Dieser
„Privilegien-Diskurs“ taucht in den verschiedensten Feldern
feministischer und antirassistischer Wissensproduktion auf: von
aktivistischen Gruppen über die akademische Theoriebildung bis hin zu
universitärer Personalpolitik. Eigene Textgenres wie
„Privilegien-Checklisten“ haben sich herausgebildet,
Kanonisierungstendenzen z.B. in Lehrbüchern sind zu beobachten. Dies
gilt auch für den handlungsanleitenden Teildiskurs zu
„Verbündeten“ (englisch: „allies“), der sich ebenfalls weiter
verbreitet. Gleichzeitig verläuft die Debatte um den
Privilegien-Begriff stark polarisiert – neben der schnellen
Verbreitung existiert eine starke Ablehnung. Offenkundig ist, dass der
Diskurs aus Nordamerika stammt, und seine Bedeutungen,
Begründungszusammenhänge und Brisanzen dort nicht unbedingt
identisch sind mit denen im deutschsprachigen Kontext. Es handelt sich
um eine „travelling theory“, deren Genealogie wissenssoziologisch
nachgezeichnet werden soll.
Methodisch wird dies in einem
Zweischritt geleistet: Zuerst werden mithilfe von Sekundärliteratur
zu Antirassismus und Feminismus Kontexte und zentrale Debatten
identifiziert. Dann werden Schlüsseldokumente aus diesen Debatten
diskursanalytisch auf ihre Regelhaftigkeiten und argumentativen
Rahmungen untersucht.
Ziel der Arbeit ist es, diesen aktuellen
Diskurs zu re-kontextualisieren und seine Entwicklung zu verstehen.
Damit verbindet sich die Hoffnung, mit einer solchen Genealogie
Impulse liefern zu können für die Debatte zu den (Un)Möglichkeiten
von Bündnissen und Verbündeten, und dadurch idealerweise jenseits
festgefahrener Polarisierungen zu feministischer und antirassistischer
Praxis beizutragen.
Francis Seeck
Care trans*formieren – Eine Ethnographie kollektiver Für_Sorge Praktiken jenseits von Cis- und Heteronormativität
Kollektive Care Praktiken jenseits von Cis- und Heteronormativität stehen im Mittelpunkt von meinem Dissertationsprojekt. Ausgehend von Für_Sorge Praktiken von Personen, die sich als trans* und/oder nicht_binär identifizieren, widmet sich mein Dissertationsprojekt der Frage, wie Care jenseits von cis- und heteronormativen Modellen organisiert und trans*formiert wird.
Ich forschte über einen Zeitraum von 1,5 Jahren ethnographisch in Kollaboration mit trans* und nicht-binären Aktivist_innen in Deutschland und der deutschsprachigen Schweiz. Im Sinne einer multi-sided ethnography (Marcus 1995) folgte ich meinen Forschungspartner_innen in queere Friseur_innen Salons, Vereinsräume, Kliniken, an Küchentische, auf trans* Tagungen und in Unterstützungs-Gruppen. Ich führte zusätzlich zu den beobachtenden Teilnahmen 20 dialogische Interviews mit trans* Aktivist_innen. Kollektive trans* Care Praktiken werden als Gegenentwürfe zu pathologisierenden und cisnormativen medizinischen Strukturen aufgebaut (Spade 2011, Erickson Schroth 2014). Ein Großteil dieser Care Praktiken finden unter prekären und informellen Bedingungen statt, bieten aber gleichzeitig Möglichkeiten neue Formen von Care zu entwerfen.
Im Fokus der Studie steht die Frage, wie Care Praktiken in trans* und nicht-binären Räumen verhandelt und konzeptualisiert werden. Inwiefern geraten hegemoniale Formen von Care in Bewegung? Welche (neue) Formen von Kollektivität werden entwickelt? Welche Bedeutung spielen die Kategorien Klasse, Alter und Stadt/Land? Welche Imaginationen und Zukunftsentwürfe von Trans* und Queer Care werden entworfen?
Bezugnehmend auf Ansätze queerer und feministischer Ethnographie widmet sich meine Forschung zudem der methodologischen Frage, wie Care als eine machtkritische methodologische Praxis genutzt werden kann. Mein Dissertationsprojekt bewegt sich im Schnittfeld von Trans Studies, Queerfeministischer Kulturanthropologie und Engagierter Ethnographie. Es widmet sich trans* Für_Sorge Praktiken, die bisher in der Forschung um Care vernachlässigt wurden und knüpft gleichzeitig an gegenwärtige Debatten im Feld der Queer und Trans Studies zu Care und Prekarität an.
Svenja Spyra
(‚Queere‘) ‚Femme‘.
Eine
qualitative Studie zu subkulturell-politischen Räumen in
Deutschland
(Arbeitstitel)
In den letzten Jahren werden Fragen nach (,queeren‘) ,Femmes‘ und ,lesbischer‘bzw. ,nicht-heterosexueller‘, Femininität’ und ,Weiblichkeit‘ in deutschen bzw.deutschsprachigen subkulturell-politischen, aber auch in Printmedien und social Media des so chiffrierten Mainstreams (wieder) zunehmen virulent. Sichtbarkeit, Sexualität und Geschlecht scheinen dabei zentrale Referenzkategorien zu sein, insbesondere im Kontext der Repräsentation soziokultureller Zugehörigkeit. Im Anschluss daran werden im skizzierten Projekt ,lesbische‘, ,bisexuelle‘ und ,queere‘, sowie ,feministische‘ (Erfahrungs-)Räume in Deutschland untersucht. Das Projekt erörtert aus genealogischer Perspektive Verhandlungender Kategorie (,queere‘) ,Femme‘ in sozial-bewegten Diskursen, sowie damit verbundene Aspekte der Subjektbildung (,queerer‘) ,Femme‘-ininität. Eine systematische Aufbereitung von Forschungsstand ,Begriffsgeschichte (vgl.Spyra 2021 i.E.) und politischer Repräsentationen ,lesbischer‘, ,queerer‘, ,feministischer‘ ,Fem(me)ininität‘ weist für Deutschland seit den 1920er Jahren –insbesondere im internationalen Vergleich mit den USA, auf die sich im von mir erhobenen Material häufig implizit bezogen wird– als visuelle Repräsentationsform eher eine Präferenz ‚maskuliner‘ und ‚androgyner‘ Verkörperungen auf. Eine soziohistorische Perspektivierung des Forschungsgegenstandes ,Femme‘ zeigt auf, dass ,fem(me)inine‘ Repräsentationen in Deutschland zwar jeher Teil benannter Zusammenhänge waren, aber eine eher marginalisierte Position innehatten bzw. haben (vgl.z.B.Lehnert 2002, Spyra 2020,2021i.E.). Die Arbeit tangiert in diesem Zusammenhang eine der Grundfragen der Soziologie, nämlich jene des Verhältnisses von Individuum und Gemeinschaft bzw. Gesellschaft. An den Schnittstellen von Wissenssoziologie, Kultur-und Körpersoziologie, aber auch dem Feld der Gender Studies werden soziokulturelle Bedingungen erörtert, die die Konstruktion, Konstitution, (Re-)Produktion und Repräsentation des Subjekts der (,queeren‘) ,Femme‘ bedingen. Die Arbeit fragt danach, wer wie in welchen subkulturell-politischen Räumen als (,queere‘) ,Femme‘ sichtbar wird? Geforscht wird mit einer Kombination aus themenzentrierten Interviews und Gruppendiskussionen, die durch die dokumentarische Methode ausgewertet werden. In der bisherigen Datenauswertung kristallisierte sich ,Gender‘ als zentrale Analysekategorie heraus. Weitere Relevanzsetzungen erfolgten mit Bezug auf das vielschichtige Verhältnis von ,Femme‘ und ,Gender‘ zu weiteren (sozial-bewegten) kategorialen Setzungen wie ,Körper‘, ,Sexualität‘, ,Sichtbarkeit‘ und ,Mode‘. Im Fokus stehen damit Wissensbestände, (Be-)Deutungen und Erfahrungen, die sich in sozialen und kulturellen Aushandlungsprozessen, im Sinne sozialer Kämpfe um Sichtbarkeit und Zugehörigkeit am Beispiel des Subjekts der (,queeren‘) ,Femme zeigen.
Juliette Wedl
Gender Studies meets Diskursforschung (Arbeitstitel)
Die kumulative Promotion versammelt Beiträge rund um die Diskursforschung und die Gender Studies im deutschsprachigen Raum. Den Kern bilden dabei Artikel, die das Verhältnis der Gender Studies zur Diskursforschung in den Fokus setzen, so u.a. zum (feministischen) Verständnis von Materialitäten oder zur Bedeutung von Diskursforschung in den Gender Studies. Die zwei noch geplanten Veröffentlichungen gehen diesem näher nach und untersuchen zum einen die konkreten diskursanalytischen Ansätze zur Materialität und ihre Bedeutung für feministische Forschung sowie der Poststrukturalismus in den Gender Studies vor dem Gender Trouble im deutschsprachigen Raum.
Darüber hinaus finden Artikel zur Diskursforschung sowie zur Geschlechterforschung Eingang in die Promotion, wobei im Rahmentext das Verhältnis beider Wissenschaftsfelder zueinander ausgelotet werden soll.
Die bereits veröffentlichten Beiträge sind v.a.:
Materialitäten dekonstruktiv begreifen. (gem. mit
Corinna Bath und Bettina Wahrig) In: Onnen, Corinna/ Rode-Breymann,
Susanne (Hrsg.): Zum Selbstverständnis der Gender Studies. Methoden
– Methodologien – theoretische Diskussionen und empirische
Übersetzungen. Opladen 2017, 15-28
Diskursforschung in den Gender Studies. In: Angermuller, Johannes/ Nonhoff, Martin/ Herschinger, Eva/ Macgilchrist, Felicitas/ Reisigl, Martin/ Wedl, Juliette/ Wrana, Daniel/ Ziem, Alexander (Hrsg.): Diskursforschung. Ein interdisziplinäres Handbuch. Bielefeld 2014, 276-299.
Diskursforschung in der Soziologie. (gem. mit Johannes Angermuller) In: Angermuller, Johannes/ Nonhoff, Martin/ Herschinger, Eva/ Macgilchrist, Felicitas/ Reisigl, Martin/ Wedl, Juliette/ Wrana, Daniel/ Ziem, Alexander (Hrsg.): Diskursforschung. Ein interdisziplinäres Handbuch. Bielefeld 2014, 162-191.
Von der Medienvergessenheit der Diskursanalyse. Reflexionen zum Zusammenhang von Dispositiv, Medien und Gouvernementalität. (gem. mit Stefan Meier) In: Angermuller, Johannes/ Nonhoff, Martin/ Herschinger, Eva/ Macgilchrist, Felicitas/ Reisigl, Martin/ Wedl, Juliette/ Wrana, Daniel/ Ziem, Alexander (Hrsg.): Diskursforschung. Ein interdisziplinäres Handbuch. Bielefeld 2014, 411-435.
Diskursforschung oder Inhaltsanalyse? Ähnlichkeiten, Differenzen und In-/Kompatibilitäten. (gem. mit Eva Herschinger, Ludwig Gasteiger) In: Angermuller, Johannes/ Nonhoff, Martin/ Herschinger, Eva/ Macgilchrist, Felicitas/ Reisigl, Martin/ Wedl, Juliette/ Wrana, Daniel/ Ziem, Alexander (Hrsg.): Diskursforschung. Ein interdisziplinäres Handbuch. Bielefeld 2014, 537-563.
L’analyse de discours « à la Foucault » en Allemagne: trois approches et leurs apports pour la sociologie (Foucaultsche Diskursanalyse in Deutschland: drei Ansätze und ihr Beitrag zur Soziologie). Langage et société 120, Paris 2007, 35-53 www.cairn.info/load_pdf.php?ID_ARTICLE=LS_120_0035 [1], eingesehen am: 16.07.2019
Die Spur der Begriffe. Begriffsorientierte Methoden zur Analyse identitärer Zuschreibungen. In: Kerchner, Brigitte / Schneider, Silke (Hg.): Foucault: Diskursanalyse der Politik. Wiesbaden 2006, 308-327.
Konzepte des Feminismus: Gleichheit, Differenz und (De-) Konstruktion als Perspektiven politischen Handelns. In: Lundt, Bea/ Salewski, Michael (Hrsg.): Frauen in Europa: Mythos und Realität. Münster 2005, 461-488.
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